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Antichristliche Generalprobe
Wo GOTT verdrängt wird, erklimmen Geister aller Art dessen leer gewordenen
Thron. Ein Vakuum ist nicht möglich, das bestätigt die Geschichte
zur Genüge. Darum in ihr immer wieder geradezu dämonisierte
Epochen, zu denen massiv die gegenwärtige zählt. Die hat im
christianisierten Europa den göttlichen Vater und Sohn frevlerisch
aus ihrem Gesichtsfeld verbannt und pervertiert systematisch alle bis
dato gültigen Grundordnungen. Wenn der Apostel Paulus in Philipper
2,15 von einem „verdrehten und verkehrten Geschlecht" schreibt,
trifft diese Bewertung wie maßgenau auf das jetzt existierende zu.
Homosexualität und Lesbentum beispielsweise werden bereits vom mosaischen
Gesetz und dem ersten Kapitel des Römerbriefs als sexuelle Verirrungen
gebrandmarkt. An denen gingen antike Hochkulturen wie die der Griechen
mit zugrunde. Jetzt aber können sich im Land der Reformation Mann
mit Mann und Frau mit Frau am Standesamt ehegleich registrieren lassen
und sogar Kinder adoptieren - was es so noch nie gegeben hat. Da hat die
jetzige Generation rigoros eine Verbotstafel beseitigt, vor der alle bisherigen
noch Distanz bewahrten.
Dazu in rational unbegreiflichem Widerspruch, wie der verstorbene „Pontifex
Maximus" aus Polen mit überschwänglichsten Ovationen überschüttet
wurde - obwohl der unzweideutig gegen solche Praktiken Stellung bezog.
Dasselbe trifft auf den jetzt amtierenden aus Marktl am Inn zu, der die
Begeisterungsstürme seines Vorgängers geerbt zu haben scheint.
Und der ist in sittlicher Hinsicht auch unnachgiebig konservativ. Dennoch
betitelte „Die Welt" anläßlich des Kölner Großereignisses
das Konterfei des Vatikanobersten mit „Einfach göttlich".
Und Berlins größte Zeitung „B.Z." fasste ihre Schlagzeile
zur selben Veranstaltung mit „Papa cool" ebenfalls in zwei
Worte und setzte ergänzend dazu: „Deutschlands Jugend bejubelt
Benedikt XVI. verzückt wie einen Popstar". Sogar ultralinke
Postillen wollten da nicht zurückstehen. So verquickte „die
tageszeitung" den frenetischen Rummel mit ihrem atheistischen Bekenntnis:
„Wenn Gott das noch erlebt hätte”. Einer wird also querbeet
auf den Schild gehoben, obwohl dessen Moralvorstellungen eigentlich unter
den Antidiskriminierungsparagraphen fallen.
Dass stockliberale Protestanten wie EKD-Chef Huber und Co. dieselbe Gespaltenheit
an den Tag legen, war zu erwarten. Die sind zwar ethisch aufgeweicht wie
ein Moor nach Hochwasser, schwimmen aber im Strom des Zeitgeistes und
dienern sich dem ganz anders gelagerten Vatikanobersten dennoch ergeben
an. Die „Evangelikaien" hingegen befinden sich mit ihm in sittlicher
Hinsicht weithin in Deckungsgleichheit, hätten aber wegen Marienkult,
Reliquienverehrung und Heiligenunwesen Grund zu gehöriger Distanz.
Doch auch hier Beifall bis Entzücken. So bewertete Pastor Ulrich
Ruß als Vorsitzender der „Konferenz Bekennender Gemeinschaften
in den evangelischen Kirchen Deutschlands" den Papstbesuch als „Gewinn
für alle Christen". Und nach dem Gnadauer Präses Christoph
Morgner müsse man neidlos anerkennen, dass die Stimme des Papstes
ein besonderes Gewicht habe.
Dazu ZDF-Moderator und Erfolgsautor Peter Hahne, das pietistische Aushängeschild
mit dem katholischen Herzen: „Da kommt einer, der verkörpert,
was die Jungen bei uns Elterngeneration vermissen: Vertrauen, Glaubwürdigkeit,
Ausstrahlung, Positionen, an denen man sich reiben kann, an denen man
sich aber auch festhalten kann... Auch an uns... liegt es, dass das Feuer,
das durch den Papst entfacht wurde, nicht verlischt". Und da mochten
natürlich auch die kleineren Denominationen mit stark ausgeprägtem
Minderwertigkeitskomplex wie Profilierungsbedürfnis nicht zurückstehen.
Prediger Siegfried Großmann als Primus des deutschen Baptismus und
zugleich als „Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen"
war neben anderen nicht nur persönlich zur Audienz mit dem Lenker
des römischen Imperiums geladen, sondern ließ darüber
hinaus in einem Interview mit „Idea" verlauten: „Als
Freikirchler verstehen wir uns sowohl als Partner wie als Alternative
zur katholischen Kirche". Und: „Wir haben den Papst als Baptistenbund
nach seiner Wahl angeschrieben mit den Worten: 'Sehr geehrter Papst Benedikt
XVI., lieber Bruder in Christus'"
Zur Beschämung dieser Herren legte mit Bischöfin Margot Käßmann
eine Frau in derselben Ausgabe genannten Magazins ungleich größeren
Abstand zum Umschwärmten an den Tag. Sonst aber jauchzen Fromme wie
Gottlose einer religiösen Führergestalt zu, die ihnen nach Theologie
oder Moral so fern sein müsste wie der Morgen dem Abend. Auch die
Million in Köln versammelter Jugendlicher war in Fragen der Keuschheit
größtenteils anderer Ansicht und Praxis als der höchstrangige
Referent aus dem Vatikan, was dem marktschreierischen Trubel um ihn aber
keinerlei Abbruch tat. Denn der Mensch braucht ganz einfach Religion,
die sich in einzelnen Personen manifestiert. Die mutieren dann geradezu
zu Götzen, vor denen der erste Johannesbrief in seinem letzten Vers
nachdrücklich warnt. In der griechischen Sprache des Neuen Testaments
findet sich hier ein Ausdruck, der als eingedeutschtes Fremdwort allgemein
bekannt ist - nämlich der Begriff “Idol”. Das symbolisiert
eine bestimmte Sehnsucht, ohne jedoch mit dem konkreten Lebensvollzug
des Bewunderers etwas zu tun zu haben.
Quelle: Schmidt, Klaus: Wort zur Zeit, Nummer 6, Crailsheim 2005, S.2
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